Zweigewaltenlehre

Zweigewaltenlehre
Zweigewaltenlehre,
 
Zweischwertertheorie, in der lateinischen Kirche entstandene Lehre über das Verhältnis von Staat und Kirche, von Papst Gelasius I. unter (exegetisch nicht haltbarer) Berufung auf Lukas 22, 35-38 und beeinflusst durch die Vorstellung von der Civitas Dei bei Augustinus als Lehre von zwei selbstständigen und gleichberechtigten »Gewalten« entwickelt. Lukas 22, 35-38 wurde dabei als Überreichung zweier Schwerter durch Christus gedeutet, die symbolisch für die mit ihnen verliehene weltliche und geistliche Gewalt stehen. In den das abendländische Mittelalter lange Zeit bestimmenden Auseinandersetzungen zwischen dem römischen (deutschen) Königtum und dem Papsttum beriefen sich beide Seiten zur Legitimation ihrer (Macht-)Ansprüche auf die Zweigewaltenlehre. In der päpstlich-kurialistischen Version dieser Theorie - am deutlichsten von Bonifatius III. in der Bulle Unam sanctam (1302) formuliert - begründet die Zweigewaltenlehre die päpstliche Hegemonie gegenüber dem Reich; beide Gewalten sind dem Papst gegeben, der dann das weltliche Schwert an den Kaiser - quasi als Lehen - delegiert, der es seinerseits für die Kirche und in ihrem Auftrag zu führen habe. Die imperiale Theorie der Gewaltenteilung hingegen (Otto von Freising, Huguccio) vertrat eine unmittelbare und paritätische Verleihung der beiden »Schwerter« an Kaiser und Papst durch Christus. Während die kurialistische Deutung nur auf dem Boden der Einheit des christlichen Abendlandes möglich war und deshalb mit dem Entstehen der Nationalstaaten ihre Bedeutung verlor, konnte sich die imperiale Sicht des Staates als eines Repräsentanten der Weltregierung Gottes in den theologischen Staatslehren der Konfessionen behaupten. (Zweireichelehre)
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
staufisches Kaisertum gegen universales Papsttum: Herren der ganzen Christenheit?
 
Gelasius I.: Die beiden »Schwerter« der Weltregierung
 

* * *

Zwei|ge|wạl|ten|leh|re, die <o. Pl.>: (bes. im MA.) Lehre von Kirche u. Staat als den beiden herrschenden Gewalten.

Universal-Lexikon. 2012.

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